Lange habe ich gewartet – ehrlich gesagt knappe 20 Jahre seitdem hier in Deutschland zum ersten Mal die Zeichentrickfolgen der Transformers Generation One ausgestrahlt wurden. Als Comic gab es Transformers: War for Cybertron bereits, jetzt erreicht die Vorgeschichte des Ganzen auch die aktuellen Videospielsysteme, u.a. meinen PC.
Also haben wir in der Einleitung direkt mit einem, vielleicht dem großen Irrtum um das Spiel aufgeräumt, denn dieser Teil ist mitnichten Transformers 3. Es ist absolut nicht die Fortsetzung der beiden Realfilme von Michael Bay und die dazu gehörigen Videospiele im neuen Design. Aber auch kein Lückenfüller für den da in 2011 kommenden dritten Kinofilm. Es handelt sich schlicht und ergreifend um die Vorgeschehnisse der so genannten Generation One, also der Serie der Transformers, mit der alles anfing. Dementsprechend orientiert sich auch das Art-Design der Figuren ganz klar an der ruhmreichen Vergangenheit, nicht an dem neu aufgelegten. Auch Serienkenner werden hier den ein oder anderen interessanten Moment erleben, beispielsweise ein erste Begegnung mit Starscream oder wie aus Optimus ein Prime wurde. Der Übergang zur Generation One wird übrigens ebenso gut getroffen. Ein kleiner Auszug aus den spielbaren Charakeren möchte ich Fans natürlich nicht vorenthalten: Optimus, Bumblebee, Ratchet, Warpath, Ironhide, Sideswipe auf Seiten der Autobots und klangvolle Namen wie Megatron, Starscream, Soundwave, Barricade oder Brawl als Decepticons. Für den Mehrspielermodus lassen sich weitere bekannte Charaktere freischalten.
Die Entwickler von High Moon gingen also vom allgemeinen Trend der absoluten Modernisierung und Anpassung an die Massen weg und präsentieren hier tatsächlich – ähnlich wie die vorangegangenen Das Bourne Komplott oder Darkwatch – ein düsteres, nicht selten brutales, aber auf jeden Fall brachiales und filmreifes Actionspiel. Die Ausgangssituation ist bei jedem Schnipsel, den man zu den transformbierbaren Hasbro-Spielfiguren vorgesetzt kommt, nahezu gleich: Zwei verfeindete Alien-Parteien, die guten Autobots sowie die bösen Decepticons, lebten einst gemeinsam in Harmonie auf dem weit entfernten metallisch-organischen Planeten Cybertron, der mittlerweile durch die Kriegshandlungen beider Parteien nahezu unbewohnbar ist. Transformers: War for Cybertron spielt aber tatsächlich die gesamte Zeit auf deren Heimatplaneten ab, was es von den bisherigen Umsetzungen weitestgehend abhebt.
In zehn Kapiteln, gegliedert jeweils in fünf auf Seiten der Decepticons sowie der Autobots darf der Spieler tatsächlich beide Gruppierungen wählen, ist aber nie alleine unterwegs, da man bereits vor Kapitelstart aus drei verfügbaren Charakteren wählen kann. Dabei sind von Anfang an Kapitel 1 (Kapitel 1-5 für die Decepticons) sowie Kapitel 6 (Kapitel 6-10 für die Autobots) verfügbar. Für ein besseres Verständnis der zusammenhängenden Geschichte sollte aber logischerweise von 1 bis 10 durchgespielt werden. Am Ende der jeweiligen Kampagne wartet zum Abschluss ein imposant inszenierter, mehrstufiger Bosskampf. Levels und Architektur lassen zwar auf den ersten Blick auf Weitläufigkeit schließen, werden aber schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Ballereien und Knopf-Drückereien laufen extrem linear ab, besonders zu Anfang läuft es auch immer wieder gleich ab: Knopf drücken um in einen Raum zu kommen, Gegner erledigen, automatischen Speicherpunkt passieren, weiter zum nächsten Raum, Gegner erledigen, usw.. Erst später öffnet sich die Struktur ein wenig und es kommt endlich die Schlachtatmosphäre auf, die der Titel verspricht.
Darüber hinaus wird schnell klar, dass der Schwierigkeitsgrad sehr moderat ausfällt, von daher empfiehlt sich direkt vom Start weg die leichteste Stufe zu überspringen, denn dort braucht man noch nicht einmal seine bis zu zwei gleichzeitig tragbaren Waffen aufzurüsten. Besonders effektiv sind die Scharfschützengewehre, da reicht es nämlich oft den meisten Widersachern einfach einen effektiven Headshot zu verpassen. Nur wenige verlangen ein taktisches Vorgehen, wie beispielsweise einer Gegnerart, die von den Kollegen abgelenkt werden muss damit wir die Schwachstelle am Rücken zerstören können. Dann gibt es noch die riesigen Panzer, die sich nach dem Beschuss ihrer Schwachstelle erst in ihre Roboterform verwandeln und nach allen Regeln der Kunst auseinander genommen werden können.
Wer auf anspruchsvolle Mech-Action a la Mech Warrior spekuliert hat, wird enttäuscht werden, denn Transformers: War for Cybertron ist ein astreiner, unkomplizierter Third-Person-Shooter geworden, am ehesten vergleichbar – nicht nur durch die Schulerperspektive, zerstörte Umgebung, die Atmosphäre, dem Design – mit Gears of War, allerdings ohne Deckungssystem. Dafür mit transformierbaren Möglichkeiten, also von ihrer aufrecht gehenden, fast menschlich wirkenden Form per simplen Knopfdruck fließend in ein Fahrzeug oder Flugvehikel verwandelnd.
In letzterem Fall fühlt man sich schon fast wie in einer kleinen Weltraum-Action-Simulation der Marke Freelancer oder Darkstar One – diese Abschnitte sind eine willkommene Abwechslung, leider aber auch wie die gesamte Solokampagne, die sich auch mit drei Spielern gleichzeitig kooperativ bestreiten lässt, mit seinen sechs bis acht Stunden recht kurz geraten. Die Verwandlung in Fahrzeuge dagegen ist eigentlich nur sinnvoll um längere Wegstrecken möglichst schnell hinter sich zu lassen, zumindest ist es auch in diesem Modus möglich, seine Feuerkraft sprechen zu lassen.
Der Mehrspielermodus ist dann doch die große Stärke von Transformers: War for Cybertron. Die kooperative Komponente macht Spass, auch wenn hier nicht die großartigen Interaktionsmöglichkeiten wie etwa in Army of Two geboten werden. Dafür dürften die menschlichen Mitstreiter ihre Fähigkeiten besser nutzen, die KI-Kollegen tun das nämlich gar nicht bzw. viel zu selten, Decepticon-Charakter Soundwave hat beispielsweise die Möglichkeit, einen Schild zu generieren, der vor Feindbeschuss schützt. Weiterhin wurde sich kräftig bei Gears of War bedient, wie der Eskalations-Modus beweist, in dem Horde um Horde anrückender Feinde vernichtet werden will. Auf acht Karten werden aber auch Standard-Modi geboten, etwa Deathmatch oder Eroberung.
Technisch wird der Kampf um Cybertron mehr als zeitgemäß präsentiert. Dank der leistungsstarken Unreal Engine 3, die hier sehr an Gears of War erinnert, steuert viel zum düsteren Artdesign bei und sieht auf jeder der drei Plattformen PC, PS3 sowie Xbox360 nahezu gleich aus. Ärgerlich sind bei der PC-Version allerdings die Frame-Limitierung auf 30 fps sowie die wenigen Einstellungsmöglichkeiten: Mehr als Auflösung, Vsync und Texturqualität dürften es schon sein. Ständig ist etwas los auf dem Bildschirm, Explosionen, Kämpfe, gut geskriptete Ereignisse. Auch der Plastik-Look der Figuren fügt sich hier perfekt ein, besonders alte Fans wie ich werden jeden Charakter wieder erkennen. Die deutsche Sprachausgabe ist gelungen, wer aber die Möglichkeit hat, sollte zum englischen Original greifen, in dem u.a. Optimus wieder von Peter Cullen gesprochen wird. Die Steuerung klappt auch auf dem PC wunderbar und spielt sich wie jeder andere Third-Person-Shooter mit einer schnell verinnerlichten Kombination aus Maus und Tastatur, lediglich bei den Flugabschnitten muss mit der Maus ein wenig nachgezogen werden.
Wertung: 7,9/10