Samstag, 17. November 2007

S.T.A.L.K.E.R. - Shadow of Chernobyl (PC-Review)

Genre: Ego-Shooter
Erhältlich: 22. März 2007 für PC
USK-Einstufung: Freigegeben ab 18 Jahren gem. § 14 JuSchG

Seit Anfang des Jahres ist der Duke wieder alleine im Club der Release-Verweigerer. STALKER – Shadow of Chernobyl hat endlich den Weg in die Regale und die Festplatten gefunden. Ein bedrückendes reales Szenario vereint die Ereignisse der Reaktor-Katastrophe 1986 mit einer Science-Fiction Story und revolutionärem Gameplay, dass Shooter und Rollenspiel so perfekt verschmelzen lässt wie es vorher nur Deus Ex schafft. So in etwa hieß es bei der ersten Ankündigung. Was davon über die Jahre noch übrig geblieben ist lest ihr jetzt...

Ein Truck mit einer Frachtladung toter Söldner rast durch ein Gewitter und wird vom Blitz getroffen. Was vorher schon tot war ist jetzt noch toter – doch einer hat überlebt und landet in einer kleinen Siedlung auf dem Tisch eines Händlers. Das einzige was man bei sich hat ist eine seltsame Tätowierung und ein PDA mit der Nachricht „Töte Strelok“. Das bleibt dann auch fürs Erste mal unsere Hauptaufgabe auf dem Weg zum Showdown am berüchtigten Atomkraftwerk in Tschernobyl in der Ukraine. Dieser PDA nimmt so in etwa die gleiche Funktion ein wie der in Doom 3. Er gibt uns haufenweise Informationen über so ziemlich alles hier, listet unsere aktuellen Aufträge auf, eine nützliche Karte und die Stalker-Rangliste. Schon unsere ersten Schritte außerhalb des Händlerverstecks lassen uns erahnen: Diese Gegend ist alles andere als einladend, das war 1986 nach dem fürchterlichen Reaktorunfall so und das ist seit dem neuesten (fiktiven) Zwischenfall von 2006 nicht besser geworden. Zerstörte Häuserruinen, keine Zivilisten sondern Söldner und Banditen auf der Jagd nach Artefakten und dem Geheimnis von Tschernobyl. Dazu gesellen sich noch allerhand Mutanten-Vieh wie extrem aggressive Wildschweine, blinde Hunde oder die hinterlistigen Bloodsucker, der sich sogar unsichtbar machen kann um dann aus der Dunkelheit heraus anzugreifen wenn man es am wenigsten erwartet. Doch neben diesen weitesgehend offensichtlichen Gefahren gibt es noch die Anomalien, hervorgerufen durch die Unglücke, die überall verteilt auf uns warten. Diese können uns z.B. verstrahlen, herumwirbeln lassen, verbrennen, zerstückeln, usw. – ein guter Strahlenschutzanzug mit Kästen voller hochprozentigem Wodka und Strahlenschutzmitteln ist unabdingbar um hier zu überleben. Immer wieder findet unsere Spielfigur wertvolle Artefakte, die auch so ziemlich das einzig übrig gebliebene Rollenspiel-Element darstellen. Mit diesen sofort erkennbaren Steinen lässt es sich nämlich deutlich leichter durch die Lande ziehen: ein dickes Gesundheitsplus, Resistenz gegen Anomalien und Wunden lassen sich mit ihnen beispielsweise verbessern. Die Tatsache, dass sich Söldner und Banditen von Anbeginn der Zeit nicht riechen können und man so ob gewollt oder nicht dauernd zwischen die Fronten gerät, sei mal nur so beiläufig erwähnt. Das ist dann aber auch schon ein gutes Beispiel für die nach kurzer Zeit einfallslosen Nebenquests die neben der interessanten aber wirren Hauptstory verlaufen: Ständig werden irgendwelche Stellungen von Banditen angegriffen, nicht nur einmal sondern unzählige Male, diese lästigen Aufgaben kann man aber getrost liegen lassen. Großer Anlaufpunkt ist die Bar, zu der man sich erstmal vorkämpfen muss. Hier gibt es bessere Aufträge und sogar eine Arena mit interessanten Kämpfen. Ab hier zieht das Geschehen auch ungemein an, die Laborabschnitte gehören zu den absoluten Highlights und erzeugen eine unfassbar dichte Grusel- und Horrorstimmung obwohl ich noch immer nicht verstanden habe warum man Poltergeister erschießen kann...

Und als STALKER ist man eine sehr begehrenswerte Trophäe – diese Abkürzung, auf unserem Arm tätowiert steht für Scavenger, Trespasser, Adventurer, Loner, Killer, Explorer and Robber. Frei übersetzt also ein PEAEMER - ein Plünderer, Eindringling, Abenteurer, Einzelgänger, Mörder, Entdecker und Räuber. Und genau so eine Person inklusive Gedächtnisverlust (scheint heute bei so gut wie jedem Spiel der Fall zu sein) verkörpert man. Es verschlägt einen durch eine große, durch Ladepausen verbundene Spielwelt mit Siedlungen, Städten, Militärkomplexen, Laboren und unterirdischen Einrichtungen. Dabei profitiert das Spiel von seiner packenden Atmosphäre: Ruinen, Anomalien, herumstreunende Tiere und Menschen, dazu Autowracks und Leichen... Nicht zu vergessen die beeindruckenden Wettereffekte sowie fließender Tag- und Nachtwechsel. Einfach vollkommen glaubwürdig dargestellt natürlich durch die Tatsache, dass die Entwickler selbst vor Ort waren und diese 30 Quadratkilometer große Spielwelt mit Hilfe von Fotografien erstellt haben. Hier sucht das Spiel vergebens nach gleichwertiger Konkurrenz. Ebenfalls sehr gut ist die künstliche Intelligenz von Mitstreitern und Gegnern, verantwortlich dafür ist vor allen Dingen das herausgetüftelte Lebenssimulations-System, was man so glaubwürdig bestenfalls noch in Gothic 1 und 2 sah. Dementsprechend knackig sind auch die taktischen Schießereien, besonders zum Schluss hin schlucken die Gegner magazinweise Munition ohne die richtig ausgewählte Waffenzusammenstellung. In seinem Verkaufsstatus 1.0 schummelt das Programm allerdings auch durch immer wieder respawnende Gegnermassen, die den Spielspass ohne Updates und hervorragende Fan-Modifikationen im Keim erstickten. Ebenfalls ärgerlich ist das fummelige Inventar, was anscheinend noch aus Anfangszeiten der Entwicklung stammen muss.

Wenn man über dieses Programm schreibt muss man auch einiges an Vergangenheits- bewältigung aufarbeiten: So sollte es schon nach seiner offiziellen Vorstellung im Mai 2002 (angekündigt bereits 2001) bis zum Ende des Folgejahres unter dem Titel „Stalker: Oblivion Lost“ erscheinen. Die Entwickler GSC Game World hatten vor diesem ambitionierten Projekt mit Cossacks eine gute Taktikreihe etabliert und sich mit Codename Outbreak (vormals Venom, ebenfalls enorm lange Entwicklungszeit) auch bereits auf auf Shooter-Territorium gewagt um später auch noch das auf den Multiplayer fokussierten Firestarter zu veröffentlichen. Dies aber nur am Rande. Ein nichtlineares Action-Rollenspiel in einer frei begehbaren Welt ohne Ladepausen im Shooter-Gewand mit dem Hauptaugenmerk auf der Suche nach wichtigen Artefakten. Die Grafik war damals schon atemberaubend und sollte auch 5 Jahre später (natürlich heftigst aufgemotzt) nichts von ihrem Glanz einbüßen. An die angekündigte Solo-Spielzeit von 30-50 Stunden kommt das Endprodukt aber bei weitem nicht ran. Im Juli 2003 verkündet man das Erreichen des Alpha-Status inklusive Verschiebung auf September 2004 und der gleichbedeutenden Kampfansage an die 3 großen Shooter Half-Life 2, Doom 3 und Far Cry – die allesamt auch 2004 erschienen. Nur Stalker nicht, welches kurzerhand vor angepeiltem Verkaufsstart auf 2005 verschoben wird, wenig später sogar auf 2006. Mit der Veröffentlichung der Multiplayer-Betaversion Anfang 2007 schien dann endlich nach diesen Querelen ein Ende in Sicht und siehe da: Wenig später stand das Spiel in den Läden, zum Leidwesen der Fans nach der langen Entwicklungszeit völlig unverständlich nicht fehlerfrei und ohne viele angekündigte Features: Die Spielwelt durch Ladepausen zerstückelt, keine Fahrzeuge nutzbar genauso wie das Schlaf-Feature (später durch Modifikationen von Fans nachgereicht), respawnende Gegnermassen direkt vor dem Auge, Abstürze, Bugs und das nervige Essen-Feature... Neben dem Singleplayer-Modus gibt es auch noch den gelungenen Multiplayer mit den Modi Deathmatch, Team Deathmatch und Artefact Hunt. Vom Spielgefühl erinnert es stark an Counterstrike.

Viele Fans waren enttäuscht und merzten durch die fragwürdige Update-Politik von Publisher THQ die gröbsten Fehler aus. In diesem Zusammenhang hervorzuheben sind die beiden sehr aktiven Communitys der Internetseiten Oblivion-Lost.de (Danke Bolm für deinen Mod) und Planet-Stalker.de! Darüber hinaus erschienen bereits 2 durchaus lesenswerte Romane zum Spiel. Die offensichtliche Inspiration zur Entwicklung nahmen sich die Entwickler wohl aus dem Film „Stalker“ aus dem Jahr 1979 vom russischen Regisseur Andrej Tarkowskij, dieser wiederum basierend auf dem Roman „Picknick am Wegesrand“. Mit Clear Sky ist schon das offizielle Prequel für Anfang 2008 geplant, mal schauen ob es wieder so eine nicht enden wollende Wartezeit gibt.

Abschließend bleibt zu sagen, dass STALKER: Shadow of Chernobyl wahrscheinlich einer der besten Shooter der letzten Jahre ist, allerdings auch erst durch das Durchhaltevermögen und Kreativität der Fan-Community´s. Und dafür sollten die Entwickler dankbar sein.

Intro:


Gameplay:


9,1/10

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