Erschienen: 22. November 2011 für PC (Steam)
Genre: Ego-Shooter
Alterseinstufung: USK ab 18
Kein Witz: Was macht ein Videospieler in den heißesten
Sommertagen 2012? 10 Sekunden Bedenkzeit… Dabei ist es ganz einfach: Er holt
seine Wintersachen wieder raus um sich abzukühlen, genauer gesagt die damals
erschienene und vorerst exklusive PC-Version von Serious Sam 3: BFE.
Ziemlich lange schien Sam Stone aus dem kroatischen
Entwicklerhaus Croteam wie vom Erdboden verschluckt. Gründe finden sich
sicherlich in der Programmierung einer neuen Grafikengine und gewissen Hürden,
die sich die Macher selbst auferlegt haben. Denn Serious Sam 3: BFE, was nichts
anderes bedeutet als Before First Encounter, setzt vor den Serienanfängen an
und spielt sich anfangs relativ ungewohnt. Trotz allem Überfluss bemüht sich
aber auch dieser Ableger wiederum eine Geschichte zu erzählen, mit völlig
belanglosen Nebenfiguren, bekloppten Dialogen bzw. Monologen in noch
überflüssigeren Zwischensequenzen. Sam´s Sprüche mit der markanten englischen
Stimme dürfen einfach nicht fehlen. Dies alles ist vor allen Dingen eines:
Mittel zum Zweck und dieser ist nichts anderes als eine kompromisslose
Ballerorgie – zumindest nach dem zähen Anfangsviertel des Spiels. Denn die
ersten von etwa 10 bis 12 Stunden Spielzeit - je nach gewähltem
Schwierigkeitsgrad etwas mehr oder weniger - gestalten sich für die traditionelle
Action nicht fast schon seriös und sind nicht zu knapp realistisch angehaucht
was sowohl die Umgebungen als auch das Gegnerdesign anbelangt.
In den verwinkelten Straßen zerstörter Häuserruinen ist
sogar stellenweise vorsichtiges Vor- und Umgehen nötig um den fies platzierten
Stellungen nicht in die tödlichen Salven zu laufen. Auch größere Gegnermassen
lassen relativ lange auf sich warten. Das alles ändert sich mit einem Schuss
aus dem Raketenwerfer während sich am Horizont die majestätischen Pyramiden
erheben. Der Raketenwerfer ist zwar nur eine von 13 Waffen, dafür auch eine der
durchschlagkräftigsten im Spielverlauf neben den fetten Kanonenkugeln sowie
Minigun. Mit Ausnahme einer Art futuristischem Lassohandschuh finden sich aber
überraschenderweise viele konventionelle Gattungen im Inventar, etwa Pistole,
Vorschlaghammer, Schrotflinte oder Maschinengewehr. Schade: Das präzise
Scharfschützengewehr wurde wegrationalisiert, ebenso Serious Bomb oder der
witzige Papagei, ein Jetpack steht nur beim durchaus gelungenen Endkampf zur
Verfügung.
Fast schon zu schön um wahr zu sein für
Oldschool-Shooter-Fans: Die Lebensanzeige regeneriert sich nicht automatisch,
daher sind Medipacks, Rüstungen sowie Munition mehr als genügend verteilt,
gegen die 15 zum Teil hartnäckigen Gegnertypen und fetten Zwischengegner aber auch
so notwendig wie Dieter Bohlen´s selbstverliebtes Ego für das Niveau von RTL. Darunter
finden sich sowohl bekannte Monster und Mutanten wie brüllende
Kamikazebombenboxer ohne Kopf, rasende Bullen oder Skelette als auch ein paar
wenige neue, beispielsweise eine schwebende Gestalt, dich sich immer wieder
hin- und herteleportiert wenn sie den Spieler nicht gerade durch die Luft
wirbelt. Gerade gegen Ende des Spiels finden wir uns durch den nicht Enden
wollenden Strom an Widersachern nach dem Vorpreschen in die Nähe des
Level-Ausgangs ziemlich schnell wieder am Anfang wieder. Jeder dieser Gegner
reagiert anders auf die jeweilige Waffe, eine hohe Feuerrate ist aber später
unabdingbar. Zwischenbosse verlangen sogar etwas Taktik wenn man vorher ihre
Schwachpunkte ausmachen muss, etwa ein mit tödlicher Laserkraft bestücktes
Raumschiff. Fans können aber beruhigt werden: Zu jedem Zeitpunkt verhalten sich
die Feinde dumm wie Brot und kennen in der Regel nur eine Richtung, nämlich die
von allen Seiten auf den Spieler zu.
In der Einzelspielerkampagne macht das alles ab dem
angesprochenen Zeitpunkt eine ganze Menge Spaß, noch mehr aber online mit bis
zu 15 (in Worten: fünfzehn) kooperativen Spielern. Selbst offline an einem PC
ist 4-Spieler-Splitscreen-Kooperativ-Action möglich. Dann lässt Serious Sam 3:
BFE seine besonders austrainierten Muskelpartien spielen wenn Kurzweiligkeit
und zuweilen unübersichtliches Chaos keine Grenzen mehr kennen. Zudem haben
Mehrspieler ihre wahre, unkomplizierte Freude mit den Modi Deathmatch, Beast
Hunt, Survial, usw.. Leider bleibt das allgemeine Leveldesign mit seinen Spielumgebungen
weitestgehend eintönig und einfallslos – selbst in ihrer brachial-sehenswerten
Zerstörbarkeit. Ärgerlich ebenfalls, dass man nicht immer genau weiß wie und
vor allen Dingen wo es weitergeht, was größtenteils bei irgendwelchen
aufgesetzten Schalterrätseln auftritt. Den besonderen Spielwitz von Serious
Sam: The 2nd Encounter erreicht das Prequel dadurch leider zu keinem Zeitpunkt.
Dafür punktet der Titel traditionell mit einigen gelungenen Geheimnissen und
Easter Eggs, seien es nun versteckte Gegenstände oder herumirrende
Entwicklerfigürchen mit Riesenköpfen. Minuspunkte hingegen hagelt es für die
überflüssigen One-Button-Kills, denn ein Knopfdruck genügt bereits für den sich
ständig wiederholenden Finishing Move.
Selbst wenn der Benchmark-Charakter der Vorgänger
vernachlässigt wurde präsentiert sich der Ego-Shooter insgesamt gut, was wohl
dem Umstand der vorerst geplanten PC-Exklusivität zu verdanken ist. Texturen
sind gestochen scharf, Effekte größtenteils knackig und durch die individuell
einstellbaren Grafikoptionen selbst auf richtig alten Computern wunderbar
spielbar. Da stören auch die vereinzelt auftretenden Ladezeiten während eines
Levels nicht großartig. In grafischer Hinsicht ist Serious Sam 3: BFE dadurch trotz
der angeschnittenen Eintönigkeit ein gern gesehener Ausnahmetitel. Gleiches
gilt für die hervorragende deutsche Textübersetzung, Soundeffekte, die präzise
Steuerung mit Maus/Tastatur bzw. per Gamepad sowie treibenden Musikuntermalung
trotz vereinzelter Dynamikfehler.
Fazit: Sam bleibt sich letztendlich doch treu. Nach einer
zähen Anfangsphase ballert sich der obercoole Macho fast zur alten Höchstform
auf. Der realistische Touch ist zwar ein Kulturschock und das Leveldesign vergleichsweise
uninspiriert, als Gesamtpaket macht auch dieser Oldschool-Shooter eine ganze
Menge Spaß.
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