Sonntag, 22. Juli 2012

Lollipop Chainsaw (PS3 Review)


Erschienen: 15. Juni 2012 für PS3, Xbox360
Genre: Action
Alterseinstufung: USK ab 16 (ungeschnitten)

Suda 51 - ein Name, der seit jeher für ganz spezielle Videospielgeschmäcker steht, sei es Killer 7, No More Heroes oder Shadows of the Damned. Allesamt völlig überdreht, trashig und überinspiriert - keine wirklich guten Spiele aber mit einer verschworenen Liebhaberschaft. Auch Lollipop Chainsaw landet nach dem Durchspielen in der gleichen Schublade, wenngleich etwas tiefer…


In der Konzeptphase waren die Entwickler nämlich nicht ganz so einfallsreich sondern wollten in erster Linie dem Durch-und-Durch-Nerd zuspielen, der das alles schon irgendwie geil finden wird. Der Plan: Eine blonde, naiv wirkende Cheerleaderin im Minirock und prallen Brüsten, die sich obendrein gerne Lollis in den Mund steckt? - Nehmen wir, aber mit reichlich Selbstbewusstsein! Zombies? - Ohne geht nicht mehr und wenn man ihnen den Kopf abschlägt sprüht es pinke Herzchen! Dann fehlt nur noch die Kettensäge, richtig? - Ganz genau und weil ja nur im durchdachten Point&Click-Adventure das Benzin dafür fehlt wird es die aufwertbare Standardwaffe. Tatsächlich ist Spielfigur Juliet ganz in der verrückten Familientradition eine waschechte Zombiejägerin und muss erstmal ihren neuen Freund Nick von der Plage retten, was auch gelingt. Naja, zumindest teilweise denn bevor sich der Schönling komplett zum Untoten verwandelt hangelt sein lebendiger Kopf von nun an bis zum Spielende am viel zu kurzen Röckchen. Zu allem Überfluss treten auch noch dunkle Zombie-Lordschaften auf den Plan, wer Spiele des Entwicklers kennt wird nicht überrascht darüber sein, dass diese während der viel zu kurzen Spielzeit von etwa vier bis fünf Stunden als Bossgegner der sechs Levelabschnitte warten. Diese hatten in No More Heroes absoluten Highlight-Charakter, doch bis auf die Inszenierung erreicht man zu keinem Zeitpunkt eine befriedigende Qualität. Schwachpunkte und Verhaltensmuster sind einfach zu offensichtlich, taktisches Vorgehen daher kaum notwendig. Trotzdem zeigen sich immer wieder kleine und witzige Details, die selbst dann noch witzig sind wenn man das 16. Lebensjahr schon weit überschritten hat: Eine Trophäe für´s Unten-den-Rock-gucken was gar nicht so einfach ist, denn Juliet bedeckt ihre offensichtlichen erogenen Zonen mit der Hand wenn einmal nichts zu tun ist.


Spielerisch ist Lollipop Chainsaw in jeder Hinsicht einfach viel zu platt und flacher als Juliet´s durch regelmäßigen Matratzensport trainierter Wachbrettbauch. Der Humor ist nämlich die eine Sache - mir persönlich ist es einfach zu vulgär, zu unwitzig und aufgesetzt, einfallslos und zu dämlich - das Spielerische die andere und da gilt dann eigentlich nicht mehr die Geschmacksfrage wenn man sich gängige Actionstandards der letzten Jahre ansieht. Viel zu oft schon entledigt man sich der Widersacher in strengst linearen, winzigen Arena-artigen  Arealen die sich erst wieder öffnen wenn auch der letzte Feind erledigt ist um so dank einer handvoll Kombo-Möglichkeiten Punkte zu erzielen, die man wiederum in weitere oberflächliche Fertigkeiten investiert. Motivation kommt in diesem Kreislauf trotzdem nicht wirklich auf. Selbst dann nicht wenn so viele Zombies geschnetzelt wurden um sich im Adrenalinmodus für eine kurze Zeit völlig unbesiegbar zu fühlen. Vorsicht: Abschnitte sollten schon vorm Weiterschreiten nach Extras abgesucht werden, denn meistens ist der Rückweg dann einfach versperrt, wodurch auch immer, den Entwicklern war einfach keine Levelbegrenzung zu dämlich. Wer sich der Jagd nach einem möglichst hohen Punktestand verschrieben hat, der kann die Mission später einfach wiederholen. Völlig spaßfreie Minispiele sollen den ewig monotonen Ablauf etwas auflockern, wirken jedoch zuweilen völlig deplatziert sowie aufgezwungen und aufgesetzt – auch hier ist man qualitativ sehr weit entfernt von No More Heroes. Seien es Zombie-Baseball, Pong oder Mähdrescher-Fahren, dem ersten Aha-Moment folgt sogleich der unweigerliche Gähn-Effekt.


Technisch bleibt Lollipop Chainsaw ebenfalls unterdurchschnittlich: Die Steuerung geht leicht von der Hand, verlangt auch keine besonders präzisen Eingaben ab weil das Knöpfchenenhämmern durch viel Automatismus nicht gerade die Geschicklichkeit des Spielers fordert. Selbst kurze Quick-Time-Event-Orgien funktionieren so tadellos. Vereinzelte Kameraprobleme nerven teilweise aber stellen in der Relation zu den ständigen Ladezeiten auch während des Levels noch ein geringes Übel dar. Selten darf man einmal über eine Viertelstunde ohne Unterbrechung spielen, letztendlich wirkt das Erlebnis dadurch unangenehm abgehakt genau wie das komplette Animationsrepertoire aller Spielfiguren. Hier zeigt sich wieder ein Problem fernöstlicher Entwickler, die die Unreal Engine 3 einfach nicht in den Griff bekommen. So wirkt die grafische Darstellung insgesamt durch den klaren Comic-Einschlag zwar stilsicher, aber auch ohne optische Leckerbissen und überwiegend langweilig. Wenigstens der treibende Soundtrack weiß ebenso zu gefallen wie die gelungene englische Sprachausgabe, auf Wunsch mit deutschen Untertiteln. Letztendlich reicht das aber nicht um den Karren noch aus dem Dreck zu ziehen. Ein wichtiger Tipp noch zum Schluss, denn Lollipop Chainsaw bietet zwei verschiedene Spielenden: Nur wenn alle Zivilisten gerettet werden konnten erscheint der gute Abspann.


Fazit: Für dieses Spiel hebt wohl kein Cheerleader seine Pompons und wenn dann nur um seine Scham vor diesem Machwerk zu verdecken. Selbst Suda 51 kann es besser.



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